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Es ist ein großer Sprung von meinem letzten Bericht aus Nikaragua zu heute. Die Reise ist zu Ende. Ich bin nach 43.000 km Fahrt durch 15 Länder in acht Monaten nun wieder zu Hause. Die letzten Monate haben mich mehr und mehr belastet. Das Filmen und Schreiben ist zu kurz gekommen, wofür es eine ganze Reihe von Ursachen gibt. Mit etwas mehr Muße möchte ich davon noch berichten.

Kurz vor der Abgabe meines Hermann im Containerhafen von Montevideo/Uruguay hat man mich in Buenes Aires/Argentinien auch noch beraubt und mir Ausweis und Handy abgenommen. Das war eine regelrechte Katastrophe für mich. Ein Handy wird unterwegs zu einem Organisationsbüro, in fast vollständiger Abhängigkeit von dieser Technik. Ist es weg, steht man erst einmal völlig hilflos da.  Ein neues Handy ist unterwegs auch nicht unbedingt eine Lösung, weil zur Wiederreinrichtung von lebenswichtigen Apps fast immer mehrstellige Zertifizierungscodes geschickt werden - natürlich zum gestohlenen Handy, was ja nichts nützt. Gott sei Dank passierte das fast am Ende meiner Reise. Glück war auch, dass nach der Abgabe meines Hermann die Flüge von Montevideo nach Madrid und weiter nach Berlin bereits gebucht waren.

Nun muss ich mich wieder hier einleben, den fünfstündigen Jetlag überwinden und die irrsinnig vielen Eindrücke, die in meinem Kopf hin und hersausen, langsam zur Ruhe bringen.

Das Material für zwei Videos ist noch zu schneiden und zu kommentieren. Wenn Hermann wieder hier ist, muss der vor allen Dingen innen intensivst gereinigt werden, nicht dass sich kleine lästige Krabbelviecher eingenistet haben und sich hier fröhlich vermehren. 

Also schaut mal wieder hier auf der website oder auf YouTube unter dem Namen a-man-on-tour vorbei.

Matthias

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Derzeitiger Standort: Masaya in Nikaragua, 21. Dezember 2023, der125. Reisetag, 24.613 km seit Abreise in Berlin


Leider lässt sich mein Vorhaben, hier hin und wieder Reiseberichte einzustellen, so nicht realisieren. Das Reisen durch Kanada und die USA war eher problemlos und entspannt. Schon in Mexiko, besonders aber in den sechs mittelamerikanischen Ländern, nimmt mich die Organisation der Reise mehr und mehr in Anspruch. Leider häufen sich auch Pech und Pannen. Selbst mit dem Drehen und vor allen Dingen Schneiden meiner YouTube Videos bin ich ins Hintertreffen geraten.

Im Moment habe ich nur das Ziel, ein Containerschiff zu bekommen, dass meinen Hermann von Panama-City nach Kartagena in Kolumbien transportiert, meinen Flug inclusive. Dann atme ich auf, Südamerika liegt vor mir und ich bin wieder frei in meinen Entscheidungen, Strecke zu machen oder mir schöne und beeindruckende Stätten anzusehen oder mich einfach nur etwas vom mitunter anstrengenden Reisen auszuruhen.


Hier wollte ich einmal sammeln, was mir unterwegs so alles passiert und was man getrost als Stress bezeichnen kann, was aber einfach dazugehört, wenn man den Rahmen von gut organisierten Urlaubsreisen sprengt:


- Seit Kanada funktioniert der elektrische (!) Schließmechanismus meiner Heckklappe nur noch selten bzw. nun gar nicht mehr. Solange es Volkswagen Werkstätten (ausschließlich PKW, denn moderne Transporter-Typen wie meinen Hermann gibt es in ganz Amerika nicht mehr) musste ich die immer wieder anfahren. Eine Reparatur und häufige Kompromisslösungen hatten zeitweise weitergeholfen (gebogener Draht-Kleiderbügel).

Wenn die Klappe zu bleibt und ich nicht an Medikamente und Klamotten komme, bricht immer wieder Panik aus.

- Die Befestigung des Heck-Gepäckträgers für Ersatzrad und Service-Box  löst sich durch Verbiegung bei schlechten Straßen immer wieder, ein erneutes Abfallen wäre die Folge. Damit löst der ängstliche Blick nach hinten bei polternden Straßenbelägen und Schlaglöchern, bei denen sich Hunde darin verstecken könnten, Panik aus.

- Die VISA Debit Karte gibt alle paar Tage kein Bargeld frei, egal in welchem Land. Tankstellen, die nach dem Volltanken kein Geld bekamen, hatte ich leider des Öfteren. Wenn dann der Vorrat an US-Dollarn gefährlich schmilzt, kommt Panik auf.

- Das Klima wandelt sich, je weiter man in den Süden kommt. Heißes und vor allem feuchtes Wetter ist der Körper noch nicht gewohnt. Die Folge: klitschnass bis auf die Unterhosen. So fühlt man sich nicht unbedingt wohl und hat keine Muße zum Filmen, geschweige denn zum Schneiden.  Die Nächte im aufgeheizten Hermann sollen hier auch nicht verschwiegen werden.

- Grenzübergänge lassen durch ihre bürokratischen und stundenlangen Abläufe auch keine gute Laune aufkommen. Jedes der sieben bisher bereisten Länder hat hier seine eigenen "Spezialabläufe", die USA eingeschlossen. Wenn auch Nikaragua mit fünf Stunden und einer konfiszierten 1.000.- € Drohne den Spitzenreiter bildet. Nur die Hoffnung, die Drohne bei Ausreise an einem 600 km entfernten Grenzübergang wieder zu bekommen, lässt mich hier fünf Tage ausharren.

- Ja und auch der zu Ende gegangene Besuch meiner Frau Claudia, die mich in drei Monaten über 8.500 km begleitete, hat mich in ein kleines Loch geworfen. Zusammen macht es einfach mehr Spaß, Probleme werden geteilt oder leichter überspielt. Es war eine tolle Zeit. Doch ich muss nun das Alleinreisen erst wieder lernen.

- Nicht unterschätzen sollte man auch die hiesigen Entfernungen, die jeden europäischen Rahmen sprengen. Dazu kommt, dass man viel langsamer vorwärts kommt. Auch die vor, in und nach Ansiedlungen über die Straße gezogenen Topes, meist aus Beton oder Metal gestalteten Strassenbuckel zur Reduzierung der Geschwindigkeit, sorgen dafür nur langsam vorwärts zu kommen. Meist muss man vor ihnen fast anhalten, um nicht seine Achsen total zu demolieren. Irgend einmal  übersieht man ein solches Hindernis und das Auto kracht gefährlich dagegen. 200 km an einem ganzen Nachmittag sind durch die Straßenverhältnisse schon gut. Wenn man sich dann immer mal wieder die Karte anschaut und sieht, dass die Strecke kaum abgenommen hat, bedrückt das auch ganz schön.

- Ich hatte mir zur Navigation mit meinem Garmin Overlander zwei elektronische Kartenwerke gekauft: Nordamerika und Südamerika. Damit sollte ich durchkommen. Leider hört für Garmin Nordamerika in Mexiko auf und Südamerika fängt erst in Puerto Rico wieder an. Bedeutet in Belize, Guatemala, Honduras und Nikaragua gibt es ohne Vorwarnung keine Navigation mehr. Straßen, Richtungen und Entfernungen: Nada! Und was kommt auf, ja Panik, denn nun muss bei ständig abbrechenden Mobilfunknetz mit dem Handy jongliert werden, um weiter zu kommen.

- Nun noch die Schlafplätze: Die weltweite und meist geniale App "iOverlander" markiert mit Fotos und Beschreibungen die genauen Koordinaten möglichst sicherer Übernachtungsplätze. Mitunter sind diese Angaben aber Jahre alt und überholt. Also neu justieren und neu suchen. Wenn dann die hier sehr schnell hereinbrechende 

Dunkelheit aufkommt, ist sie wieder da, die Panik.

 - Letztlich hat mich auch Montezumas Rache erwischt, was wohl auf einer so langen Reise unvermeidlich ist. Doch bei über 30 Grad im Schatten und 100% Luftfeuchtigkeit mit Fieber Auto fahren ist unmöglich. Im Hinterkopf bleibt immer ein Restzweifel, ob es nicht Malaria oder das hier verbreitete Dengue Fieber sein könnte. Drehen und Schneiden geht wieder nicht.

Das und sicher auch noch mehr, was mir gerade nicht einfällt, ist nicht unbedingt dazu angetan, eine lückenlose Reisedokumentation für alle Daheimgebliebenen, sei es textlich oder filmisch, relativ zeitnah zu erstellen.

Trotzdem: Das Reisen mit Hermann macht irren Spaß. Die meisten Menschen sind freundlich und hilfsbereit, ganz oft auch lustig, wenn man ihnen ebenso begegnet. Was man sieht ist so anders als zu Hause. Das ist spannend und interessant. Ich lerne täglich wie unsere Welt und deren unterschiedliche Menschen so ticken. Jedenfalls so gar nicht, wie uns unsere links-grünen Politiker zu Hause so einreden wollen. Die Welt ist sooo viel größer und vielgestaltiger als das kleine und mittlerweile völlig einflusslose Deutschland, dass ich nur lachend den Kopf schütteln kann, was in Deutschland so verzapft wird. Noch haben die Menschen Achtung, wenn ich erzähle, dass ich aus Alemania komme, noch lassen mich die Polizeikontrollen sofort durch, wenn sie auf meinem Hermann meine Herkunft lesen. Doch politisch interessierte Zeitgenossen bekommen auch aus der Entfernung fremder Länder mit, welches Affentheater in Deutschland politisch im Gange ist. Trotz des verlorenen Krieges hatte Deutschland mal ein hohes Ansehen in der Welt. Es schwindet mehr und mehr und das tut mir weh.    

 



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Nach zwei Tagen recht entspannter Fahrt habe ich die französischsprechende Provinz Quebec erreicht. Die vorher oft zweisprachigen Schilder weichen solchen, die nur noch französisch zu lesen sind. Letztlich wie in Europa. Entweder man lernt etwas Französisch oder man fährt woanders hin. Das liegt den Menschen dieses Traditions- und Kulturkreises offenbar im Blut. Das Bewahren einer eigenen Identität hat ja auch etwas Bewundernswertes. Hier immerhin seit 1763, als die Engländer das französische Quebec nach einem gewonnenen Krieg übernommen haben. Seit dieser langen Zeit kam keine wirkliche Ruhe in das heute als zweisprachig anerkannte Kanada. Separatistische Bestrebungen des französischsprechenden Viertels der kanadischen Bevölkerung nehmen kein Ende. Die letzte Volksabstimmung zur eigenstaatlichen Trennung Quebecs von Kanada im Jahre 1995 endete mit der denkbar knappen Mehrheit von 50,6 % für den Verbleib in der kanadischen Union.

Der historische Teil der Hauptstadt Quebec hat ihren französischen Charme weitgehend erhalten. Nebst den leckeren Gerüchen, die man vernimmt, wenn man durch die hübsch restaurierten Straßen der Ober- und Unterstadt schlendert. Die Preise haben es in sich und ich verzichte auf leckere europäische Köstlichkeiten. Dank der begrenzten und sauteuren Parkzeit am Kai eines historischen Dampfers dränge ich zur Weiterfahrt. Den Weg bis Alaska berechnet mein Navi mit gut 8.000 km. Einen gewissen Druck auf mich kann ich nicht verhehlen.

Ansonsten sieht für mich rein äußerlich diese zweitgrößte Provinz Kanadas nicht viel anders aus, als die englischsprachigen. Amerikanische Fastfood Ketten bestimmen die Kreuzungen der Fernstraßen. Nur die Masten und Ausleger der Straßenlaternen im Bereich von noch so kleinen Ortschaften sehen geschwungen und elegant aus wie in Frankreich. Der Stil der Häuser ist amerikanisch. Französische Architektur kann ich nicht erkennen. Allerdings wurde meine Auswahl der Belage für das Gummibrötchen bei Subway, ohne französisch zu sprechen, zum Problem. Nur das von der schwarzen Französin vorgeschlagene French Dressing schaffte einen sprachlichen Konsens. Alles in allem kommt es bei dem Sammelsurium an Zutaten auf ein geschmacklich unterscheidbares Erlebnis eh nicht wirklich an. Der überwundene Hunger reicht für weitere 300 km.

An der Großstadt Montreal und ihrem entwickelten Großraum fahre ich vorbei, noch suche ich Natur und die kommt reichlich. Das nördliche Quebec und das sich westlich anschließende Ontario besteht aus einer Wald- und Seenlandschaft ohne größere Erhebungen. Die Abstände zwischen den kleinen Ortschaften werden immer größer. Rast- und Schlafplätze sind meist nur noch Truckstopps mit einer Tankstelle. Ich stehe übernacht behütet zwischen riesigen Lastwagen, alle mit beeindruckender Schnauze, so gar nicht wie unsere Trucks. Meist kann ich nach einer Dusche fragen, für 10 Dollar bin ich wieder sauber. Ich frühstücke nur noch mit Schaumgummibrot und Rührei.

An der Straße warnt man mit großen Schildern immer wieder vor allerlei Getier. Moos, Elk, Ren und Bear sind hier die ernstzunehmenden Gegner, die schnell mal aus dem Busch springen können. Meine Vorsicht beim pullern ist gerechtfertigt.

So lege ich auf dem Weg in die Rocky Mountains hinter Calgary täglich etwa 500 bis 600 km zurück, einmal habe ich 820 km geschafft. Aber dann geht eines Abends meine Heckklappe nicht mehr auf. Nach sehr heftigem und fast panischem Ruckeln auf, aber nicht mehr zu. Das ist für die weitere Reise eine Katastrophe. Ein Kanadier, der meine Verzweiflung bemerkt, meint in der nahegelegenen Kleinstadt Brandon eine Firma zu kennen, die neben BMW, Porsche auch Volkswagen verkauft und den Service dazu anbietet. Hier komme ich am nächsten Morgen zur Unzeit. Der Mechaniker, der Ahnung haben soll, ist auch noch nicht im Hause, kommt erst nach dem Mittag. Alle anderen sind voll mit Aufträgen beschäftigt. Quälende Wartezeit vergeht.

Durch Zufall sehe ich meinen linken Vorderreifen, der nur noch halb mit Luft gefüllt ist. Nun ist mein Nervenkostüm komplett im Eimer. Jeder ernstzunehmende YouTuber hätte jetzt mit der Kamera alles genaustens dokumentiert, einschließlich eines ergrauten Gesichtsausdruckes. Doch für mich geht Kamera gar nicht.

Schließlich kommt der Mechaniker, dran bin ich deswegen noch immer nicht. Eine gute Stunde später meint er, der kleine Schließmotor der Heckklappe ist kaputt. Müsste in Winnipeg (300km) bei Volkswagen bestellt werden, besser noch in Montreal (1400 km). Dauert natürlich bis zum nächsten Mittag. Macht nichts, immerhin ist eine Lösung in Sicht. Ich fahre zu einem Reifenservice, der ein Loch ermittelt, ich kann die Blasen der aufgetragenen Seifenbrühe sehen. Aber der repariert sofort und will mich ohne Lohn auf die weitere Reise schicken. Dennoch gebe ich etwas in die Kaffeekasse, die hier so nicht heißt. Für mich aber ein Problem weniger.

Die Nacht auf dem riesigen Parkplatz von Walmart ist ruhig. Hier treffen sich mehrere Wohnautos, wie auf jedem dieser Parkplätze. Passable Toiletten sind in den Öffnungszeiten gut nutzbar, nur von 22 bis 7 Uhr ist geschlossen. Das Teil aus Montral ist gegen Mittag des nächsten Tages schneller als das aus Winnipeg, obwohl es per Kurier die viel weitere Entfernung zurücklegen musste. Am Nachmittag ist alles erledigt und ich bin wieder on the road. Nur langsam erholen sich meine gestressten Nerven. Trotzdem bleibt ein Rest Zweifel zurück, was mit einem so „modernen“ Fahrzeug, vollgestopft mit Elektronik, so alles noch passieren kann.

Den Wäldern sind weite landwirtschaftliche Flächen gewichen. Felder so groß, dass ich das Ende im Dunst der Weite nur ahnen kann. Selbst der Ort Grand Prärie hält auch nur bewirtschaftete Felder bereit. Doch dann kommt sie, die Prärie. Gleichmäßig im Wind wiegende Grassteppe ohne jeden Baum, mit einer lieblichen Hügellandschaft. Auf einer größeren Erhebung sehe ich „Wer mit dem Wolf tanzt“ mit seinem indianischen Freund „Zappelnder Vogel“ auf dem Bauch liegen und die riesige Herde Totonkas freudig und aufgeregt beobachten. Ich sinniere über diesen großartigen Film, doch dann stehen schon wieder Totonkas, nein Kühe, auf einer eingezäunten Weide. Viel Prärie hat man nicht übriggelassen, die fleischfressenden Kanadier müssen versorgt werden.

Es zieht sich hin, Calgary kommt nur langsam näher. Ich möchte endlich richtige Berge sehen, und dadurch etwas Abwechslung statt eintönigem Fahren. Die Rocky Mountains aber liegen schon sehr weit westlich in diesem Riesenland.

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Nun wurde es endlich wieder soweit. Meine Afrikadurchquerung liegt schon Jahre zurück und das mir verbliebene letzte große Lebensziel, wenn es ums Reisen geht, einer kompletten Nord-Süd-Durchfahrung ganz Amerikas, wurde durch Corona mehr als drei Jahre verhindert. Drei Jahre, die auf meiner immer schneller drehenden Lebensuhr schon sehr ins Gewicht fallen. Damit würde dieses Unternehmen immer mehr zu einem Experiment, was man im Alter noch so alles bewerkstelligen könnte, ohne seine so bewährten Bequemlichkeiten mitzunehmen und ohne bei jedem Wehwechen zu einem Arzt in der Nähe rennen zu können. Meine mentale Belastbarkeit aber, über sich ändernde Zeit- und Klimazonen sowie Kulturkreise hinweg, ist fast mein größtes Fragezeichen, ohne vor der Reise jemals mit Irgendjemanden darüber gesprochen zu haben.

Und so habe ich noch zu Hause jedes relevante medizinische Fachpersonal konsultiert, um für die geplante Dauer von neun Monaten genug Medikamente mitnehmen zu können. Letztlich aber auch, um meinen kardiologischen, urologischen, gastroenterologischen, neurologischen, orthopädischen, tropenmedizinischen und allgemeinmedizinischen Zustand checken und ggf. ergänzen zu lassen. Kopfschütteln, aber auch die Bewunderung meines Mutes, immer verbunden mit realen Warnungen, waren die Reaktionen der Mediziner.

Viele Monate intensivster Vorbereitungen liegen nun hinter mir. Der Spanischkurs ist als reines Einsteigertraining absolviert. Die unterschiedlichste Technik ist angeschafft. Der Schnittkurs hat leider nur erste Erkenntnisse der Videobearbeitung hinterlassen. Hermann aber ist in einem ausgezeichneten Zustand. Der professionelle Ausbau der kleinen Vater/Sohn Firma SingerVan in Strausberg bei Berlin und meine eigenen Ergänzungen sind abgeschlossen. Seine Überfahrt auf einem Containerschiff von Hamburg nach Halifax/Kanada hat durch die tolle Betreuung der Firma Overlander Shipping in Hamburg ausgezeichnet geklappt. Der Abschied von meiner lieben Frau Claudia war wirklich emotional und tränenreich, während des Fluges sind meine Gefühle Achterbahn gefahren. So heftig hatte ich es mir nicht vorgestellt. Angekommen klappt die Übernahme Hermanns vom kanadischen Zoll und den Hafenbehörden in Halifax reibungslos.

Ich stehe nun plötzlich auf einer kanadischen Straße, vor mir liegen runde 50.000 km Fahrt ins Ungewisse und mir geht der Arsch. Ja, muss man so sagen, alles andere würde meinen Zustand nicht annähernd beschreiben. Die Angst vor der eigenen Courage grüßt mich heftig. Dazu kommt, dass plötzlich mein teures Garmin Overlander Navi die Nordamerikakarte nicht angenommen hat. Das ist ein extremer Schock, ohne Navi auf einem Riesenkontinent wie Amerika, heute undenkbar. Seinerzeit auf dem Weg nach Indien, als es Navis noch nicht gab, spielte der Faktor Zeit noch keine große Rolle. Landkarten und tausendfaches Fragen brachten einen auch irgendwann ans Ziel. Ich erinnere mich an die indische Kreuzung, auf denen Mitte vier Inder standen und die ich aus dem Fahrerhaus meiner Feuerwehr nach dem Weg zum nächsten Ort fragte.  Alle vier zeigten in eine andere Richtung. Das muss man sich dank dem Stand der Technik nicht mehr antun.

Tagelang fahre ich nur mit dem Handy auf dem Beifahrersitz navigierend, eine einsehbare Halterung hatte ich ja nicht geglaubt zu benötigen. Mehr recht als schlecht lasse ich die Halbinsel Nova Scotia und die erste Provinz New Brunswick hinter mir. Den Kauf von Gas, das Auffüllen der Wassertanks und die Bevorratung von frischen Lebensmitteln habe ich die ersten 300 km erst einmal zurückgestellt. Der Kontakt zum Support von Garmin gestaltet sich schwierig, wegen der Zeitverschiebung und wegen der langen Wartezeit, bis da mal jemand herangeht (30 bis 45 Minuten!). Alle telefonischen Anleitungen zur Problemlösung fruchten nicht. Der dritte Mitarbeiter erbarmt sich meiner nach zwei Tagen und sendet auf Kulanzbasis online eine funktionierende Version der Straßenkarte Nordamerikas. Ein kleiner Shop mit lauter weiblichem Personal („Girls PC“), den ich im Netz gefunden habe, organisiert mit strammen WLAN den Download. Es funktionierte mit einem Schlag, das Navi erkennt meine exakte Position. Ich bin überglücklich. Erst jetzt habe ich das Gefühl, dass meine Reise beginnt.

Was nun auffällt sind die riesengroßen Wälder und der große Abstand zwischen den einzelnen Orten. Kanada ist eben nicht Europa. Doch der Asphalt ist gut, die Verkehrsdichte äußerst gering, hin und wieder lässt sich die Sonne blicken, kurz, es geht vorwärts und ich bin glücklich.

 

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